Der zweite Verein des Monats kommt aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, ist weit über die Grenzen unseres Bundeslandes bekannt: Herzlichen Glückwunsch an den ältesten Schachverein unseres Bundeslandes: SG 1871 Löberitz!

Konrad Reiß hält Vortrag über die 150jährige VereinsgeschichteLöberitzer Männer 2021 22 zum zweiten Mal in der 2. Bundesliga

Es ist ein Verein der Superlative: Die Teams spielten in der vergangenen Saison u. a. in der Bundesliga (Frauenmannschaft) und in der 2. Bundesliga und wurden dort regelmäßig von Funk und Fernsehen begleitet. Er richtet alle fünf Jahre ein Jubiläumsturnier aus, bei dem bereits weltbekannte Großmeister wie die WM Kandidaten Dr. Robert Hübner, Vlastimil Hort, Wolfgang Uhlmann oder Jan Timman teilnahmen. Es ist wohl das am besten besetzte Turnier unseres Bundeslandes und erinnert an den Besuch und die Turnierteilnahme von Siegbert Tarrasch 1883.

Neben dem Spitzenschach betreibt der Verein aber auch exzellente Arbeit im Breitenschach mit seinen verschiedenen Facetten. Seit 1986 finden jährlich am letzten kompletten Juniwochenende die Löberitzer Schachtage statt, die an die Vereinsgründung am 14. Juni 1871 erinnern. Sie sind ein Schachfest für jedermann mit Blitzturnieren und schachkulturellen Veranstaltungen. In diesem Jahr fanden erstmals die Landesblitzmeisterschaften mit sehr guter Beteiligung während der Schachtage in Löberitz statt. Einmal im Jahr ein großes Schachfest zu veranstalten reicht den Löberitzern aber nicht. Zwischen Weihnachten und Silvester findet jährlich das Franz-Ohme-Gedenkturnier statt, welches an den Vereinsgründer erinnert. Sie führen seit mehr als 20 Jahren die Bistumsmeisterschaften der katholischen Christen und die Schachmeisterschaft der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland durch. Daneben werden ununterbrochen seit den 1980er Jahren Schul-, Blitz- und Vereinsmeister:innen ermittelt.

Die dritte große Säule der Vereinsarbeit ist die Traditionspflege. Der Verein ist Träger eines Schachmuseums, was in Deutschland wohl einmalig sein dürfte. Das Schachmuseum wurde am 01.Juni 2007 unter großem Medieninteresse eröffnet. Der Bestand fundiert auf der gepflegten und umfangreichen Sammlung des Löberitzer Spiritus Rector Konrad Reiß auf, die dieser über ca. 40 Jahre aufbaute. Wie es sich für einen Verein der Superlative gehört, befindet sich auch ein Exemplar des ersten in deutscher Sprache gedruckten Schachbuchs mit einer Originalwidmung in der Sammlung. Es wurde 1616/17 von Herzog August von Braunschweig-Lüneburg unter dem Pseudonym Gustavus Selenus herausgegeben. Das Museum versteht sich als Bewahrer der Schachtradition vorrangig für die Löberitzer Schachgeschichte, aber auch für die schachlichen Entwicklungen in der Metropolregion Leipzig – Halle – Magdeburg – Dessau und darüber hinaus für den gesamten mitteldeutschen Raum mit den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Teile Brandenburgs.

Gesammelt wird eigentlich alles was mit Schach zu tun hat, ein Bezug zur Region besitzt und für die Nachwelt von Interesse sein könnte. Dabei steht nicht unmittelbar der materielle sondern vorrangig der ideelle Wert der Exponate und deren Aussagekraft für zukünftige Generationen im Vordergrund.

Peter Pallas als einer der UnterstützerDer Verein setzt also auf kontinuierliche Arbeit und Durchhaltevermögen statt auf schnelle Erfolge. Dies spiegelt sich auch in der Frauenmannschaft wieder, welche bereits seit 25 Jahren besteht. Und auch in dieser finden sich klangvolle Namen, allen voran die lettische Großmeisterin Dana Reiznice-Ozola, die aktuell Geschäftsführerin des Weltschachbundes FIDE ist. Sie spielt trotz ihrer zahlreichen Verpflichtungen bereits seit 20 Jahren für den Traditionsverein.

Wie schafft es ein Verein aus einem kleinen Dorf so bekannt in der Schachwelt zu sein? Konrad Reiß hat dafür folgenden Tipp: Jeder Verein muss seinen eigenen Weg gehen. Er muss erkennen wo die Alleinstellungsmerkmale liegen und wie man diese zur stetigen Mitgliedergewinnung nutzen kann. Das ist regional unterschiedlich. In großen Ort dürfte das natürlich leichter sein als im vom Regionalverkehr abgeschnittenen Land sein.

Wichtig sind natürlich auch die Personen, die den Verein prägen und sich für ihn ehrenamtlich engagieren. Zu allererst ist dort Konrad Reiß zu nennen. Er prägte den Verein, wie kein zweiter. Die SG 1871 Löberitz  ist untrennbar mit ihm verbunden, auch wenn er jetzt offiziell „nur noch“ Museumsleiter ist. Es dürfte aber kaum eine Veranstaltung geben, bei der er nicht treibende Kraft bzw. involviert ist.

Natürlich braucht es für die vielfältigen Aktivitäten viele Engagierte, die sich einbringen. In Löberitz sind dies u. a.:

Thomas Richter gen. Chevaliere ist Spielleiter und StandortverantwortlicherThomas Richter, ist über viele Jahrzehnte als Nachwuchsübungsleiter tätigt und in den letzten Jahren zusätzlich als Spielleiter. Desweiteren ist er als Standortverantwortlicher für die bauliche Unterhaltung des Löberitzer Schachclubs und des Schachmuseums verantwortlich.

Rebekka Schuster, Vizepräsidentin und Mannschaftsleiterin der Frauenmannschaft, verstand es die aus Deutschland und Lettland stammenden Spielerinnen zu einer schlagkräftigen Mannschaft zusammenzuführen und mit dem notwendigen Teamgeist auszustatten.

Klaus-Dieter Fenske arbeitet seit seiner Pensionierung ehrenamtlich im Schachmuseum. Dabei zeigt er vorrangig Verantwortung für die Aufnahme neuer Bücher in den  Bücherbestand der Bibliothek.

Peter und Annette Pallas, die die Schachgemeinschaft schon über viele Jahre, in der letzten Zeit vorrangig unsere Bundesligamannshaften, unterstützen.

Annette Pallas wird für ihr Engagement die Ehrenmitgliedschaft angetragenKlaus Dieter Fenske ist Mannschaftsführer und MuseumsmitarbeiterVizepräsidentin und Mannschaftsführerin Rebekka Schuster im Bundesligaeinsatz

Dank gebührt auch Reyk Schäfer für die Betreuung der vereinseigne Homepage und Gert Kleint für die Betreuung der Museumshomepage.

Die SG 1871 Löberitz wäre nicht die SG 1871 Löberitz, wenn sie sich auf den bisherigen Erfolgen ausruhen würde. In naher Zukunft sind die folgenden Projekte geplant:

Im kommenden Jahr wird ein neuer Archivraum für den Verein aber auch für das Schachmuseum geschaffen. Damit soll die neue Sporthalle „Turn & Treff zum Reiter“ besser in die Wettkampfgestaltung, vor allem bei Doppelrunden oder größeren Turnieren, integriert werden.

Weiterhin ist die Anschaffung zweier Vitrinen für den historischen Burgkeller, einem Teil des Schachmuseums, geplant

Außerdem wird ein neues Buch mit dem Titel „Der Correspondenz-Schachkampf zwischen Dessau und den Frauen des Schachdorfes Ströbeck“ herausgegeben. Dieses Buch berichtet über die Anfänge des Frauenschachs in Deutschland.

SG 1871 Löberitz VereinslogoWer den Verein oder das Schachmuseum unterstützen möchte, kann sich gerne an Konrad Reiß wenden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder 01 76 / 98 67 83 23